Konzept

Für die Entwicklung von «Mathematik Primarstufe» sind folgende didaktische Grundsätze leitend:

 

Schülerinnen und Schüler brauchen sicheres Wissen und Können.

Damit Schülerinnen und Schüler fähig sind, komplexere Aufgaben zu lösen, brauchen sie Fertigkeiten, die sie sicher und routiniert anwenden können, ohne jedes Mal die dahinterstehende Theorie beiziehen zu müssen. Erfolgreich gelöste Aufgaben haben zudem einen positiven Einfluss auf die Motivation.

Phasen der Automatisierung werden allerdings erst dann sinnvoll und effizient, wenn die zugrunde liegenden Zusammenhänge verstanden sind. Zu frühes Automatisieren führt bloss zu kurzfristigen Lernerfolgen und behindert den Aufbau von Verständnis. Richtig gelöste Aufgaben sind kein Garant dafür, dass etwas verstanden worden ist.

Die meisten Unterrichtsvorschläge im Handbuch haben das Ziel, Verständnis aufzubauen und zu vertiefen. Fertigkeiten, die später geläufig beherrscht werden sollen, werden in den Unterrichtsvorschlägen als «Routine für alle» gekennzeichnet. Sie können auch mit der Lernsoftware «Fertigkeiten erwerben – Routine für alle» geübt werden. Als «Routine für alle» bezeichnete Übungen sollen auch später wiederholt und regelmässig in kurzen Einheiten (5 bis 10 Minuten) eingesetzt werden.

Mathematik lernen heisst eine Sprache lernen.

Die mathematische Ausdrucksweise, die ausgehend von Situationen aus dem Alltag zuerst individuell entwickelt wird, soll zunehmend zu einer gemeinsamen Sprache werden. Über Hinweise der Lehrperson werden die Schülerinnen und Schüler zu den für die Mathematik typischen Bezeichnungen und Darstellungsformen hingeführt.

Wer Mühe hat, sprachliche Äusserungen zu verstehen, hat auch Schwierigkeiten, mathematische Aufgabenstellungen zu verstehen und den Denkwegen anderer Schülerinnen und Schüler oder der Lehrperson zu folgen. Wer Mühe hat, sich sprachlich klar und verständlich zu äussern, hat auch Schwierigkeiten, Mathematik zu betreiben und seine Gedanken und Fragen anderen zugänglich zu machen. So müssen auch im Mathematikunterricht das Sprachverstehen, die sprachlichen Eigenaktivitäten und die fachsprachliche Kompetenz der Schülerinnen und Schüler gezielt gefördert und entwickelt werden.

Die Unterrichtsvorschläge im Handbuch führen die Schülerinnen und Schüler an die Sprache der Mathematik heran. Dem Aufbau, der Klärung und der Differenzierung von Begriffen kommt dabei grosse Bedeutung zu. Immer wieder wird bei Gesprächen in der Gruppe daran gearbeitet, Situationen, Probleme und Aufgaben für andere verständlich zu beschreiben.

Austausch ist ein wichtiger Teil des Lernprozesses.

Durch Einblicke in die Denk- und Arbeitsprozesse anderer und durch das Vergleichen von Produkten und Lösungswegen lassen sich Lernende zu neuen Lösungen, zur Optimierung eigener Lösungswege und zum Erkennen von Zusammenhängen anregen.

Auch die Lehrperson nimmt an diesem Austausch teil. Sie stellt ihren Lösungsweg ebenfalls zur Diskussion und verwendet dabei eine einfache, aber korrekte Fachsprache. Die jeweils gewählte Darstellung hat Modellcharakter und starken Einfluss auf die Darstellungsformen, die die Kinder in Zukunft wählen werden.

Genau so wichtig wie die Ausführungen der Lehrperson sind Erklärungen anderer Schülerinnen und Schüler. Diese sind näher bei der kindlichen Gedankenwelt und können deshalb möglicherweise einfacher nachvollzogen werden.

Die meisten Unterrichtsvorschläge im Handbuch sind so konzipiert, dass die Schülerinnen und Schüler Arbeitsweisen und Gedanken anderer Schülerinnen und Schüler und der Lehrperson kennen lernen können. Damit solche Einblicke möglich werden, ist es notwendig, dass mehrere Schülerinnen und Schüler gleichzeitig an den gleichen Aufgabenstellungen arbeiten.

Argumentieren und Begründen als zentrale Tätigkeiten.

Beim Argumentieren und Begründen stehen die Schülerinnen und Schüler vor der Aufgabe, ihre Gedanken zusammenhängend und folgerichtig auszudrücken. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, auf die Reihenfolge in Abläufen zu achten, erkannte Zusammenhänge als Schlussfolgerungen zu beschreiben und Bezeichnungen und Begriffe passend und korrekt einzusetzen.

Werden Argumente und Begründungen vorgetragen, lernen die Schülerinnen und Schüler die Gedanken und Lösungswege anderer kennen. Dabei werden Gemeinsamkeiten, Unterschiede und auch Widersprüche sichtbar. In der Auseinandersetzung damit werden die eigenen Denkmodelle und Vorstellungen zunehmend präzisiert und differenziert.

In den Unterrichtsvorschlägen im Handbuch sind viele Phasen eingeplant, in denen die Schülerinnen und Schüler zum Argumentieren und Begründen aufgefordert werden. Der Lehrperson fällt die Aufgabe zu, diese Gespräche und Diskussionen über Mathematik anzuregen und förderorientiert zu begleiten.

Vier Lernphasen: 1. Erfahrungen sammeln

Ausgehend von einer Problemstellung, einer Geschichte oder einem Bild wird Neugierde und Interesse geweckt. Die Aufgaben knüpfen an Alltagserfahrungen an und sind so gestellt, dass jede Schülerin und jeder Schüler die Aufgaben ausgehend von seinem individuellen Vorwissen bearbeiten und dabei neue Erfahrungen sammeln kann.

Da nicht alle Schülerinnen und Schüler die Aufgaben auf die gleiche Weise bearbeiten, ergeben sich Anlässe für Gespräche und Diskussionen. Die Schülerinnen und Schüler begegnen anderen Denkweisen und neuen Begriffen, sie stossen auf Widersprüche und weiterführende Fragestellungen.

Das Sicherstellen von grundlegenden Erfahrungen ist ein wichtiges Ziel dieser Phase.

Vier Lernphasen: 2. Zusammenhänge erkennen

Ein einzelner Themenbereich wird gezielt und vertieft betrachtet und bearbeitet. Begriffe werden geklärt, Zusammenhänge aufgezeigt, verschiedene Aspekte beleuchtet, Details besprochen und Lernhilfen eingeführt. 

Zu den wichtigen Zielen dieser Phase gehören der sichere Umgang mit den zentralen Begriffen und Darstellungen sowie das Verstehen von mathematischen Zusammenhängen, Regeln und Gesetzen.

Dabei entwickeln die Schülerinnen und Schüler neben diesen themenspezifischen Kompetenzen auch allgemeine mathematische Kompetenzen wie Argumentieren, Darstellen und Beschreiben.

Vier Lernphasen: 3. Fertigkeiten erwerben

Wenn die Schülerinnen und Schüler die wesentlichen Zusammenhänge verstanden haben, beginnt die Phase des Fertigkeitserwerbs. Durch wiederholtes Üben gelangen die Schülerinnen und Schüler zu zunehmend sicherer Verfügbarkeit von Fertigkeiten.

Vier Lernphasen: 4. Anwenden

Damit die Schülerinnen und Schüler das Gelernte auch später anwenden können, muss dieses über längere Zeit und in verschiedenen Kontexten verwendet werden. Das erfolgreiche Nutzen von erworbenen Kompetenzen wirkt motivierend auf das weitere Lernen.