Das Wattenmeer – Landschaft im Rhythmus der Gezeiten

Das Wattenmeer ist eine einmalige Landschaft an der Nordsee zwischen Den Helder in den Niederlanden und Esbjerg in Dänemark. Das Watt zeichnet sich durch eine aussergewöhnlich reiche Tier- und Pflanzenwelt aus. Viele Vögel legen hier auf ihrer Durchreise eine Rast ein, um Kraft zu tanken.

Das Erscheinungsbild der Wattenmeerküste verändert sich laufend mit den Gezeiten. Während der Flut steigt der Wasserstand an, und das Meer überspült die flachabfallende Küste; während der Ebbe zieht sich das Wasser wieder zurück.

Die Gezeiten werden massgeblich durch die Anziehungskraft des Mondes verursacht. Zwei Flutberge– der eine dem Mond zugewandt, der andere dem Mond abgewandt – umrunden die Erde im Abstand von etwa zwölf Stunden. Einen bedeutend geringeren Einfluss hat auch die Sonne auf das Verhalten von Ebbe und Flut. Stehen Erde, Mond und Sonne in einer Linie, werden Ebbe und Flut verstärkt, stehen Mond und Sonne in einem 90-Grad-Winkel zur Erde, werden Ebbe und Flut abgeschwächt.

Das Wetter an der Nordseeküste ist unbeständig und wechselhaft. Westwinde herrschen vor. Sie können ungehindert bis weit ins Landesinnere vordringen. Besonders gefährlich sind Sturmfluten, die bei orkanartigen Winden das Meer aufwühlen und riesige Wellenber gegegen die Küste treiben. Bei einer schweren Sturmflut liegt der Pegel mehr als 3,5 Meter über dem mittleren Hochwasserstand. In den vergangenen Jahrhunderten wurde bei schweren Sturmkatastrophen viel fruchtbares Land weggespült. Auch waren immer wieder Menschenleben zu beklagen. In der neueren Zeit konnte dank dem Küstenschutz das Schlimmste verhindert werden.

Das Wattenmeer wird von den Friesischen Inseln gegen den offenen Ozean hin begrenzt. Die Inseln sind Überreste der ehemaligen Küste. Sie schützten einst das Hinterland vor dem Meer, bevor im Mittelalter die Sturmfluten ins Hinterland einbrachen. Die Inselkette besteht aus Dünen, die Wind und Meer über der Geest (wellige Grundmoräne) aufgeworfen haben. Anders die Halligen: Sie bestehen aus Marschland, also aus fruchtbarem Schwemmland. Halligen sind die Überreste von ehemaligem Festland, das der zerstörerischen Kraft der Sturmfluten standgehalten hatte. Weil die Halligen flach sind, werden sie häufig von Fluten überschwemmt. Um sich vor diesen Fluten zu schützen, bauen die Menschen ihre Häuser auf künstlich aufgeschütteten Anhöhen, den sogenannten Warften.